Frohe Weihnachten…
Jetzt habe ich die letzten zwanzig Minuten mein Bett abgesucht. Leider ohne Erfolg. Falls meine Suche weiter erfolglos bleiben sollte, könnte ich ein ernsthaftes Problem bekommen. Zwar nicht heute, nicht morgen, aber bei meinem Glück fällt meiner Liebsten mein Missgeschick wohl direkt in ihre Augen, wenn sie das Schlafzimmer zum nächsten Mal betritt.
Eine innere Unruhe macht sich langsam aber sicher in mir breit. Was ist wenn ich ihn nicht mehr finde? War vielleicht doch nicht so clever mir die Fingernägel im Bett zu schneiden. Ich hatte mir vor dem Schneiden eigentlich extra noch ein Handtuch auf die Bettdecke gelegt, da ich ja wusste, dass meine Liebste das nicht mag. Als ich mit dem Schneiden der Fingernägel fertig war, wollte ich diese begutachten und musste zu meinem Entsetzten feststellen, dass anstatt der zehn abgeschnittenen Nägel nur neun auf dem Handtuch gelandet sind. Hätte ich sie doch einfach nur abgebissen, aber das mag meine Liebste ja nicht.
In Anbetracht der Tatsache, dass ich die letzten drei Stunden mit dem Öffnen des Adventskalenders, welchen ich von meiner Liebsten geschenkt bekommen habe, von Türchen sechzehn bis dreiundzwanzig beschäftigt war, finde ich die Quote neun von zehn eigentlich gar nicht so schlecht. Ich denke, Papa wäre stolz.
Wäre gut möglich, dass ich mich dann gar nicht in diesem Dilemma befinden würde. Klar, im Nachhinein ist man ja meistens schlauer. Mit Sicherheit wäre es von Vorteil gewesen meinen Adventskalender erst nach der Maniküre zu öffnen.
Es sind echt tolle Weihnachten. Eigentlich hatte alles gar nicht so schlecht begonnen. Heute Morgen war ich noch in Paderborn, da haben Menschen wohl schon ihr Herz verlor´n.
Am Frühstückstisch erzählte mir meine Liebste noch einen Witz von einer Nonne: „Sagt die Nonne zum Vibrator: ‚Brauchst nicht zu zittern, ist auch mein erstes Mal.‘“
Da war meine Liebste noch ganz gut drauf. Allerdings wusste sie zu der Zeit auch noch nicht, dass ich nichts zu Weihnachten für sie hatte. Ich hatte alles auf eine Karte – auf den Weltuntergang – gesetzt, jedoch hatten sich die Mayas wohl geirrt. Die Zeit bis mein Zug fuhr sprach sie kein Wort mehr mit mir. Die Luft war gelinde gesagt ziemlich dick, was allerdings nicht ausschließlich an meinen Blähungen lag. Gegen elf Uhr fuhr mein Zug nach Nürnberg. Ich musste zu Fuß zum Bahnhof laufen. Auf dem Weg dorthin sah ich übrigens den kürzesten Fluss Deutschlands, die Pader, welche nur 4 Kilometer lang ist. Ich sprach mir Mut zu, dass sich meine Liebste schon irgendwann wieder beruhigen würde, spätestens nächstes Jahr. Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht…
Den Zug erwischte ich gerade noch rechtzeitig. Zum Glück hatte ich ein Erste-Klasse-Ticket ergattert. Das kostete nur vier Euro Aufschlag und um ein wenig mehr Beinfreiheit zu haben, war es mir dies natürlich Wert.
Drei Stunden dauerte die Zugfahrt. Ich verschlug mir die Zeit auf meinem Koffer, denn ich musste meinen Platz in der ersten Klasse nach etwa zwanzig Minuten räumen, da ich keine Platzreservierung besaß. Ich hatte doch nachträglich noch eine Platzreservierung gebucht? Hatte ich auch, allerdings erklärte mir die Kontrolleurin, dass ich vergessen hatte, dies ebenfalls für die Klasse 1 nach zu buchen. Alles halb so wild, dann nehme ich eben die Platzreservierung in der zweiten Klasse wahr. »Äh, nein. Diese zählt leider nur die ersten fünfzehn Minuten, danach nicht mehr.« Nachdem kein einziger Platz im Zug mehr frei war, hatte ich zumindest einen Fensterplatz im Gang. Direkt neben der Toilette, die, wie konnte es auch anders sein, nicht richtig schloss. Immer wenn die Tür aufging roch es als hätte mir jemand direkt in die Nase geschissen.
Nun ja, mit der Zeit gewöhnte ich mich auch an diesen Geruch und versuchte ein wenig die Aussicht zu genießen. Wahnsinn, was man alles sehen kann, wenn man aus dem Fenster blickt. Auf Höhe von Kassel sah ich draußen das Christkind fliegen und wollte gerade in das Abteil rufen, „Hey, habt ihr auch das Christkind gesehen?“ als mir auffiel, dass jeder, aber auch wirklich jeder in sein Smartphone vertieft war und von der Umgebung nichts mitbekommen hatte.
Nun gut, live Kommunikation wird eh überbewertet… Also kramte ich auch mein iPhone raus und las mir die News Feeds durch. Eine große Schlagzeile handelte von Dieter Hecking. Stimmt, das hätte ich jetzt fast noch vergessen. Am Morgen vor dem Geschenke-Desaster las ich im Videotext die neuesten Sportnews und wollte mich darüber mit meiner Liebsten austauschen. Doch wie von einem Wesen mit zwei X-Chromosomen nicht anders zu erwarten war, hielt sich das Interesse, dass der Dieter Hecking ab sofort Trainer beim VfL Wolfsburg ist und nicht mehr unseres Ruhmreichen Glubbs, in Grenzen. Schon da dachte ich mir: „Na, dann mal frohe Weihnachten.“
Eigentlich hatte ich mich die letzten gut zweieinhalb Jahre auf die „Dieter-Hecking-Raus-Rufe“ gefreut. Aus diesem Grund rufe ich für einen spontanen „Hecking-Raus-Flashmob“ am Dienstag in der U-Bahn auf. Ich würde vorschlagen, wir treffen uns um 22.00 Uhr am Hauptbahnhof. Wer ist dabei? Einmal nach Langwasser, hin und zurück.
Kommen wir zu dem erfreulichsten Teil am heutigen Tag. Denn, bevor ich Türchen sechzehn bis dreiundzwanzig des Adventskalenders öffnete, war ich noch bei meinen Eltern zum Essen. Dort war noch mein Bruder und es gab Fondue. Sau lecker! Dazu trank ich zwei Weizen. Das erste und das letzte. Und was sonst noch so dazwischen geschah, das bleibt in Moorenbrunn.
Jetzt wird es langsam Zeit ins Bett zu gehen. Ich hoffe, euer Weihnachten war besser als meines. Dann mal fröhliche Weihnachten. Ich mache mir jetzt noch mein 24. Türchen auf. Bin mal gespannt, ob ich das noch schaffe. Und danach rufe ich noch meine Liebste an, um ihr zu sagen, dass ich Bierchen sechzehn bis vierundzwanzig am heutigen Tag getrunken habe, und dass das Rentier des Weihnachtsmannes in meinem Bett war und ich mir nicht sicher bin, ob es neben ihren Geschenken nicht auch noch eine Kralle dort verloren hatte. Ist mir beim Trinken von Türchen sechzehn bis dreiundzwanzig eingefallen. Mal sehen, ob sie mich noch versteht.
Ansonsten bleibt nur noch zu sagen: